Homeschooling. Privileg oder Assozial?

on 14. August 2021

Vor einigen Tagen hat unser Bildungsminister die neuen Verordnungen für die Schulen verkündet. Just am selben Tag hat ein staatlicher Fernsehsender Interviews vorbereitet, von ORF nahen Experten die behaupten die Mehrheit der Eltern die ihre Kinder nun aus der Schule ins homeshooling holen würden, wären radikalisiert, gar einer Sekte zugehörig, weltfremd, rechtsradikal, Verschwörungstheoretiker.

Im Bücherregal meiner Schwester steht auch so ein Buch. Mein Vater schaut mit Vorliebe ORF und ist alarmiert, und meine Familie macht sich Sorgen weil ich aus der WhatsApp Gruppe aussteige. Aber bin ich wirklich einer Sekte zugehörig? Weil ich mich um mein Kind kümmere? Weil ich nicht alles, was eine einzige gleichgeschaltete Medienlandschaft sagt als Wahrheit annehme, sondern mir erlaube einen kritischen Blick aufs Leben zu haben?

Wirklich? Liebe “Experten” des ORF, es ist nunmehr ein Anzeichen für Sektenzugehörigkeit, wenn man Fragen stellt? Und die Antworten anderen nicht gefallen? Welcher Sekte ist diese Expertin eigentlich zugehörig? Und wer sagt, dass nicht dieser Sender Jünger einer Sekte ist, der keine andere Meinung zulässt. Denn andere Meinungen findet man beim staatlichen Rundfunks nicht mehr. Dabei gibt es genügend Erfolgsgeschichten übers Homeschooling.

Und darum bin jetzt endlich glücklich. Und meiner Regierung und ihren Vorschriften dankbar. Denn die Krise hat mich zum Handeln gezwungen. Sie hat mir erlaubt, mir andere Bildungsmöglichkeiten anzusehen. Sie erlaubt mir auf ein Privileg zurück zu greifen, dass es in Österreich gibt. Denn bei uns herrscht Bildungspflicht, nicht Schulpflicht. Und was erlaubt uns das nun?

Bildungspflicht in Österreich

In Österreich haben wir eine BILDUNGSPFLICHT nicht wie in zB Deutschland eine Schulpflicht. Deutsche wandern zu uns aus, um ihren Kindern dieses Bildungssystem zu ersparen. Nicht nur bedingt durch die Pandemie. Auch weil Bildung ein Ort der Erpressung, des Leistungsdrucks, der Uniformität geworden ist. Wenn man vor drei Jahren sein Kind zum häuslichen Unterricht angemeldet hat, war man einfach “eigenartig”, aber akzeptiert. Heute wird man von den hiesigen Medien in eine Verschwörungsecke gestellt und an den Pranger gestellt. Großeltern, Geschwister, Expartner, plötzlich darf jeder eine Meinung dazu haben, und im schlimmsten Fall wird sogar die Verantwortung der elterlichen Obsorge angezweifelt.

Dabei ist es ein Privileg sein Kind selber unterrichten zu dürfen. Es ist keineswegs billiger als normale Schule, es braucht viel Organisation, Aufwand und Liebe. Es ermöglicht die Talente des Kindes individuell zu fördern, in dem Tempo, dass für die kindliche Entwicklung optimiert ist.

Wieviele von euch kennen den Satz “die Schulzeit, da müss ma alle durch”, “schau einfach dass du durchkommst” “im Schulhof lernst du kämpfen” “Nimm dir das nicht zu Herzen, die sind nur neidisch, dumm, intrigant, etc” “was dich nicht umbringt macht dich härter”. “Das musst du lernen, nicht verstehen”
Und wieviele von euch kennen die Lernbulimie von Schule und Universität wo Wissen in Lernkatalogen als auswendiges Wissen abgefragt wird, und niemals weiterhin vernetzt angewandt wird.

Die Faktenlage zur Schule in Österreich

Unsere Kinder müssen nun in den Schulen Masken tragen, Testen, und diverse Hygienemassnahmen einhalten. Geimpfte Kinder müssen das nicht ertragen (ich gehe in dem Beitrag nun nicht auf superspreading geimpfter, Mobbing, Diskrimierung, sozialen Druck ein, das würde diesen sprengen)

Die Maske ist für Kinder immer noch Alltag. Mir erzählen Menschen ich wäre sektenzugehörig weil ich keine Maske trage. Sogar ein schlechtes Vorbild. Aber die maskentragenden Eltern drücken ihren Kindern ja auch deren Empfindung auf.

Ich kenne beispielsweise eine Frau, Krankenschwester, deren sechsjährige Tochter war mit ihr am Bauernmarkt, im Freien, bei bester Luft und bestem Wetter, und ihr Kind sagte zu ihr sie solle die Maske tragen(die am Arm baumelte), weil sie wolle doch niemand umbringen. Die Mutter beschrieb mir diese Situation erstaunt, fast stolz, im Zusammenhang damit, dass die Kinder ja alle kein Problem hätten mit der Maske. WIRKLICH? Es ist also normal, dass ein sechsjähriges Kind das Atmen im Freien ihrer Mutter als LEBENSBEDROHLICH ansieht? Auch das haben die Massnahmen mit sechsjährigen Kindern gemacht. Und Menschen die versuchen ihre Kinder von dem Wahnsinnn fernhalten wollen, werden als Schwurbler, Verschwörer und Schlimmeres bezeichnet. Ist es nicht unsere Aufgabe unsere Kinder vor den Ausdünstungen und dem Wahnsinn der Welt zu schützen?

Warum home schooling ein Privileg ist und ich der Krise danke

Ja, ich gebe zu, der ausschlaggebende Punkt mein Kind ins Home schooling waren genau diese Massnahmen. Ich machte mir Gedanken was für psychologische Tricks in den Schulen angewandt werden, und wie weit sogar die Seele und auch der Körper meines Kindes Schaden nehmen kann. Aber – ich war schon lange nicht mehr von unserem Schulsystem überzeugt. Ja, ich habe schreiben, rechnen, lesen gelernt, ich hatte alle naturwissenschaftlichen Fächer, aber meine ganze Schulkarriere ist im Nebel von Uniformität verschwunden. Alles was ich gelernt habe, habe ich außerhalb meiner Schule gelernt (dazu mehr in einem anderen Beitrag). Was aber tief saß war der Stempel der Bewertung, des Drucks, der Ausgrenzung. Als Hochsensible (damals war das kein Thema das man wusste) saß jeder Stachel tief, jede Blamage, Erniedrigung durch die Lehrkörper. Ich habe meine Abschlüsse alle auf dem zweiten Bildungsweg gemacht, denn die Schule hat mich nie motiviert zu Topleistungen.

Und das bringt mich zu den Möglichkeiten die Homeschooler nun haben.

Das Privileg

HU ist mehr Arbeit als das Kind einfach nur bei der Schule abzusetzen. Wir bereiten Lehrpläne vor, überlegen uns wie wir die Inhalte so aufbereiten, dass sie der Lebenswelt unserer Kinder entsprechen. Wir besorgen unterstützendes Lernmaterial, wir verzichten darauf in dieser Zeit zu arbeiten, oder investieren Geld in Babysitter, Freizeitgruppen, damit wir zwischendrin Geld verdienen. Und dafür lernt unser Kind eigenverantwortlich zu lernen, sich Inhalte zu erarbeiten, effizient zu lernen. Es lernt nicht weil es muss, sondern weil es darf. Es hat Zeit seine individuellen Gaben zu entfalten, und neben den erforderlichen Fächern auch das zu lernen was ihm liegt. Es wird selbstbewusst, lernt zu präsentieren (denn wir bereiten es auch auf eine Externistenprüfung vor). Es lernt mit Menschen achtsam umzugehen, denn der soziale Kreis mit dem es sich umgibt (in Gruppen, Kursen und Freunden) wird ihn fördern und unterstützen. Niemand wird mir als Mutter sagen “na dann lernt er sich wenigstens zu wehren” wenn er im Schulhof gemobbt wird (ist uns übrigens genauso im Kindergarten passiert).

Der einzige Grund warum Menschen HU Kinder kritisieren könnte der Neid sein. Denn diese Kinder sind selbstbewusst, achtsam, und motiviert. Sie leisten nicht weil es ihnen jemand sagt, sie schaffen etwas aus Motivation und Freude. Klar, wir als Eltern müssen dann auch mal aus der Couch. Müssen eben diese Verantwortung übernehmen, vorbereiten, helfen, unterstützen, Möglichkeiten eröffnen.

Aber Menschen die im Hausunterricht sind sind alles andere als Sektenmitglieder. Es sind Menschen die die Verantwortung für eine Gesellschaft übernehmen in der es sich zu leben lohnt. Und solange unser Bildungssystem nur ein verbeamtetes Wesen ist, in dem uniforme Soldaten ausgebildet werden, die gelernt haben einem Führer zu folgen ohne ihn hinterfragen zu dürfen, solange lass ich mich gerne diffamieren. Denn ich weiß ich mache es besser. Ich beschwere mich nicht mehr über die anderen. Ich verändere die Welt durch mein Tun, und ich motiviere mein Kind dasselbe zu tun.

Sei du selbst die Veränderung die du dir wünschst für diese Welt

Mahatma gandhi
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1 Comment

  • Heidi Collon

    Ich bin schon lange Homeschoolerin. Nie hatte ich vor mein Kind homezuschoolen. Doch dem Schulsystem werden zu wenige Ressourcen für Kinder zur Verfügung gestellt, die es Lehrern ermöglichen Kinder mit Hochbegabung, Legasthenie, Dyskalkulie, ADHS oder Autismus gut zu begleiten. Deshalb wählen manche Menschen den Weg des Homeschooling. Ich bin dankbar diesen Weg gehen zu dürfen. Toller Beitrag, der die Situation gut zusammenfasst.
    Da ich momentan sehr für http://www.homeschoolerinaustria.at aktiv bin, vernachlässige ich momentan meinen Blog und meinen Podcast. Aber das wird schon wieder :).

    15. August 2021 at 13:02 Reply
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